Georg Keller, 2010
20. Kunst-Freitag Friedrichshafen
Die Stipendien der ZF Kunststiftung in 2010 gehen an Sandra Boeschenstein und Georg Keller aus Zürich
geboren 1981 in Zug; lebt und arbeitet in Zürich
The World Is a Stage Ready to Perform!
Stefan Wagner
Während in den letzten Jahren Wellenbewegungen die Märkte beherrschten und damit die Verunsicherung der Anleger zunahm, entstanden abseits der bedeutenden Marktplätze und von Investoren unentdeckt geblieben hoffnungsvolle neue Player. Die Georg Keller Unternehmungen – a brand like a friend steht exemplarisch für eine neue Unternehmergeneration. Wie kam es zu dieser Erfolgsgeschichte und welche Erwartungen lassen sich in Zukunft an das Jungunternehmen stellen?
Mit der Gründung der Georg Keller Unternehmungen 2006 erarbeitete sich der Manager Georg Keller zahlreiche Nischenmärkte in unterschiedlichen Ländern. In der Anfangsphase war ein moderates Wachstum geplant. Der Businessplan rechnete mit 10 – 20 Prozent Zuwachsraten. Dieses Ziel wurde übertroffen. Bis heute expandierten die Georg Keller Unternehmungen explosionsartig in neue Märkte und Länder, sodass das Unternehmenskonglomerat auf heute 23 Ableger angewachsen ist.
Luxus als Einstieg
Begonnen hatte Keller sein Geschäft mit einer so einfachen wie genialen Idee. Die zunehmende Nachfrage an Luxusgütern, insbesondere Taschen und Kleidern, veranlasste ihn, einen Louis Vuitton Flagshipstore einzurichten. Zweifellos gab es für ihn Vorbilder, wie etwa des holländischen Architekten Rem Koolhaas, der für die Nobelmarke Prada in New York ein Verkaufsgeschäft designte. Für einen kleinen Betrag konnte man in seinem Flagshipstore eigene Accessoires mit Luxus-Brand-Stempeln upgraden. Die gute Handarbeit beschied ihm Erfolg. Doch Keller visierte damit ein weiteres Ziel an. Er wollte die Luxusgüterindustrie demokratisieren. „Luxus“, so meint er unverfänglich „ist ein natürliches Streben des Menschen. Ich gebe den Menschen das, was sie in ihrem Innersten suchen.“
Ambitionen an sich selbst stellen
Kennt man Keller etwas besser, überrascht diese ambitionierte Aussage kaum. „Meine Mutter wollte immer, dass ich Arzt werde. Ein solcher Beruf war jedoch mit wenigen Aufstiegschancen verbunden. Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, meine eigenen Ideen realisieren – auch wenn dies mit Umwegen verbunden war.“ Vielleicht ist eben diese Mischung aus Ehrgeiz und hemdsärmeliger Initiative, welche den in den Zwanzigern steckenden Jungmanager sympathisch macht. Ohne zu Zögern gesteht er ein, dass auch er ein großes Vorbild hat. Für Keller sind es herausragende Persönlichkeiten wie Steve Jobs, der CEO von Apple. Und so wurde eine Aussage Jobs zum Leitmotiv für Keller: „You can‘t just ask customers what they want and then try to give that to them. By the time you get it built, they‘ll want something new.“
Direkter Kundenkontakt
Etwas weniger glamourös als der Flagshipstore, aber mit einer ebenso tiefen Erfahrung verbunden, war die Gründung der Firma Zauberglanz, welche sich auf die Produktion und den Vertrieb von Reinigungsmitteln spezialisierte. In diesem Unternehmen lernte Keller, was ehrliche Arbeit bedeutet: in direkten Kontakt mit Kundschaft treten und Produkte auf Verkaufsmessen anzupreisen. Mit Zauberglanz bemerkte er, dass er die anfallenden Arbeiten nicht mehr alleine bewältigen hatte können. Er musste sein erstes Personal einstellen und sich eingestehen, „dass es einfach zu viel Arbeit wurde. Ich hatte bereits weitere Pläne für Projekte und Lancierungen von Produkten. Die Einstellung von Personal war eine logische Konsequenz.“
Marken sind die besten Freunde
Wenn Keller den Draufgänger mimt, so kann er auch durchaus nachdenklich werden. „Wir leben in einer Zeit, in der gesellschaftliche Werte und Ziele durch Globalisierung und Informationstechnologien in einen steten Wandel geraten sind“, bemerkt er kritisch. Umso wichtiger ist es für ihn, als ein verlässlicher Geschäftspartner auftreten zu können. In seine Firmenbezeichnung brachte er deshalb den Zusatz – „a brand like a friend“ an. Soziale Netzwerke sind für ihn ein Garant für die Weiterentwicklung seiner Geschäfte. Deswegen pflegt er auf dem gesellschaftlichen Parkett regen Umgang und bringt seine Absichten auf den Punkt: „In sozialen Netzwerken – und die virtuellen Social Networks sind überhaupt keine Neuerfindung – können ungezwungen Verbindungen geknüpft werden und es kommt schnell einmal zu einem Handschlag, der einem einen Auftrag einbringt.“
Flexibilität und Leidenschaft
Flexibilität im Umgang mit Menschen ist denn auch ein Schlüssel zum Erfolg. Als Firmenpatron zeigte er dies eindrücklich, als er in Bern einen Kiosk aufbaute, an dem sich nachts Taxifahrer Zigaretten besorgten oder eine Pause genehmigten. Kellers Schicht dauerte 24 Stunden, eine äußerst produktive Zeit. Er stand alleine am Verkaufsstand, servierte Kaffee, erledigte die Schreibarbeiten und brannte im Hinterzimmer Wodka. Es versteht sich von selbst, dass jemand mit kaum oder nur wenig Startkapital, in der ersten Schicht die gesamte Inneneinrichtung vorab selbst anfertigte.
Aus dem Innersten schöpfen
Den Ehrgeiz aus dem Nichts Innovationen zu schaffen, demonstrierte er im Frühling 2008 an der Ostschweizerischen Freizeit- und Trendmesse OFFA im schweizerischen St. Gallen. Kaum hatte er seinen markanten dreistöckigen Verkaufsturm in der Ausstellungshalle errichtet, um seine farbigen Plastikbälle zu verkaufen, bildeten sich bereits Schlangen vor dem Erdgeschoss. Wendig wie Keller ist, stieg er bei einer Bestellung schnell ein Stockwerk höher, um verschiedenfarbige Plastikbälle mit Sprayfarbe zu besprühen. „Manchmal liegt einem die Innovation vor der Nase, nur sieht man sie einfach nicht. Ich habe das Glück, Dinge zu sehen, die anderen verborgen bleiben“, sagt der in Zug geborene Keller. Wenn man in einer Stadt wie Zug aufwächst, die umgeben von saftiggrünen Hügelzügen ist und nur wenig Ablenkung bietet, lernt man, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren, in sich hinein zu gehen um Kraft und Ideen aus dem Selbst zu schöpfen.
Eigenfinanzierung als Schlüssel zum Erfolg
Als 2008 die Finanzkrise den Schweizer Bankenplatz kräftig durchrüttelte und vielen Kleinunternehmen die Insolvenz wegen nicht gewährter Bankkredite drohte, bemerkte Keller dies nur am Rande. Sein gesundes Misstrauen gegenüber der Finanzwirtschaft hatte ihn vor dem Börsencrash dazu bewogen, eine eigene Bank zu gründen, mitunter auch deswegen, weil er für seine anstehenden Projekte kaum mehr Venture Capital hatte auftreiben können. Die zugeflossenen Kundengelder aus dem Investment Banking flossen in konkrete Unternehmensgründungen, die er weiter forsch vorantrieb.
Zur rechten Zeit am rechten Ort
So kam es, dass er im Mai 2009 einen Spiegelladen in einem der neuen Trendquartiere Zürichs eröffnete. Der Zuger hat ein gutes Gespür für Zeit und Orte, wenn diese einen Gewinn versprechen. Während rund drei Wochen präsentierte er Spiegel in unterschiedlichen Grössen und Formen in der größten Ausgehmeile der Schweiz. Geradezu ideal war die Verkaufslage, an der viele Passanten sich vor dem Barbesuch in den unzähligen Spiegeln ihre Frisuren noch einmal zurecht zupfen konnten. Die Auftragsbücher waren nach den drei Wochen Präsenz im hippen Quartier übervoll.
Neue Distributionskanäle bieten ungeahnte Möglichkeiten
Einige Monate später, es war Juli geworden, hatte er bereits eine neue Branche in Angriff genommen. Das Internet als lukrativer Distributionskanal von Produkten war auch Keller nicht verborgen geblieben. Gerade noch rechtzeitig konnte er in den expandieren Handel mit Printerpatronen einsteigen, den er aus einer kleinen Wohnung heraus betrieb. Hierzu stellte er einen arbeitslos gewordenen Druckerpatronenspezialisten an. Nun konnte die Georg Keller Unternehmungen 24 Stunden am Tag Bestellungen entgegennehmen, Produkte verpacken und mit einem der zahlreichen privaten Paketdienstanbieter in die ganze Welt versenden.
Neue Potenziale erkennen
Nach dem Erfolg mit seinem Versandhandel, der ihm nun endlich auch internationale Verkäufe einbrachte (die ersten Versuche in Polen mit einem Kiosk Gewinn zu erzielen, waren mässige Erfolge geblieben), wagte er einen weiteren Versuch und expandierte nach Deutschland. Als er einen Geschäftsfreund in Berlin besuchte, bemerkte er, dass dort einige Jahre nach dem Mauerfall eine gigantische Tourismusindustrie entstanden war. Um an diesem lukrativen Geschäft mit den globalen Touristenströmen teilhaben zu können, errichtete er einen Triumphbogen als ein besichtigungswertes historisches Monument, das ihm zahlreiche Eintritte einbrachte.
Ein Unternehmen, ein Tipp!
Die verschiedenen Unternehmenszweige von Kellers Unternehmungen sind sehr gut rekapitalisiert und gelten damit als eines der wenigen Startups in der Schweiz, die mit einer gesunden Eigenfinanzierung einer blendenden Zukunft entgegen sehen. Kellers offensive Wachstumsstrategie hat sich in den letzten Jahren ausbezahlt und wird künftigen Anlegern als sicherer Wert in einem instabilen wirtschaftlichen Umfeld dienen. Bereits fünf Jahre nach der Gründung kann festgehalten werden, dass die Georg Keller Unternehmungen – a brand like a friend das Vertrauen von verschiedenen Anlegern gewonnen hat und einer hoffnungsvollen Zukunft entgegenblickt.